Der
Martinstag am
11. November (in Altbayern und Österreich auch
Martini) ist der Festtag des Heiligen
Martin von Tours. Er ist in Mitteleuropa von zahlreichen
Bräuchen geprägt, darunter das Martinsgans-Essen, der Martinszug und das Martinssingen.
Martinsgans-Essen Martinigansl mit Rotkraut und ServiettenknödelAls Brauch ist heute vor allem das traditionelle Martinsgans-Essen (in
Österreich auch
Martinigans oder
Martinigansl genannt) verbreitet. Es hat seinen Ursprung angeblich in einer Legende über Martins Leben: Entgegen seinen eigenen Willen und trotz Vorbehalte des Klerus drängte das Volk von
Tours Martin zum Bischof zu weihen. Asketisch und bescheiden, wie er sein Leben führte, hielt er sich unwürdig für solch eine große Verantwortung. Folglich versteckte er sich in einem Gänsestall. Die Gänse jedoch schnatterten so aufgeregt, dass Martin gefunden wurde und geweiht werden konnte. Einer anderen Erzählung nach verwandten die Bürger von Tours eine List:
Rusticus ging nämlich zu Martins Versteck und bat diesen, seine kranke Frau zu besuchen. Hilfsbereit, wie Martin nun einmal war, nahm er seine Sachen, um Rusticus nach Hause zu begleiten. Wahrscheinlich sah er ziemlich schmutzig aus – als habe er eine Zeit lang in einem Gänsestall gelebt. Eine weitere Geschichte besagt, dass eine schnatternde
Gänseschar in den Kirchraum watschelte, und dabei Bischof Martin bei seiner Predigt unterbrach. Sie wurden gefangen genommen und zu einer Mahlzeit verarbeitet. Traditionell wird die Gans mit
Rotkohl und
Semmelknödel oder
Kartoffelklößen gegessen.
Sankt-Martins-Zug bzw. -Umzug Kinder beim Sankt-Martins-UmzugSt. Martin - Darstellung bei einem Fest-UmzugIn vielen Regionen Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und in Südtirol sind Umzüge zum Martinstag üblich. Bei den Umzügen ziehen Kinder zum Gedenken mit Laternen durch die Straßen der Dörfer und Städte. Begleitet werden sie häufig von einem auf einem
Schimmel sitzenden und als
römischer Soldat verkleideten Reiter, der mit einem roten Mantel den Heiligen Martin darstellt. In
Bregenz wird dieser Brauch
Martinsritt genannt. Gelegentlich wird auch die Schenkung des Mantels an den Bettler nachgestellt. Bei dem Umzug werden traditionelle
Martinslieder gesungen. Die Laternen werden oft vorher im Unterricht der Grundschulen und in Kindergärten gebastelt. Zum Abschluss gibt es häufig ein großes
Martinsfeuer. Vielerorts erhalten die Kinder einen
Weckmann aus
Hefeteig mit
Rosinen. In Süddeutschland sind auch Laugenbrezeln üblich. In Teilen des
Ruhrgebiets und des
Sauerlandes erhalten die Kinder eine Martinsbrezel – eine Brezel aus süßem Hefeteig, bestreut mit Hagelzucker. Im
Münsterland, im
Oldenburger Münsterland, in
Ostwestfalen, im
Rheinland und in
Oberschwaben sind solche Veranstaltungen üblich. In
Erfurt findet ein Umzug statt, während die umliegenden Gemeinden zumeist keinen haben. Der Brauch ist nicht nur auf Deutschland beschränkt. So veranstaltet die deutsche Gemeinde in
Stockholm einen Martinsumzug und auch in den
Niederlanden existiert der Brauch. Die größten St.-Martins Umzüge Deutschlands mit über 4000 Teilnehmern finden in
Kempen am Niederrhein und
Bocholt statt. Heutzutage finden die Züge mancherorts auch an anderen Daten rund um den eigentlichen Festtag statt, wenn es organisatorische Gründe erfordern. So kann beispielsweise für mehrere Ortsteilzüge nur ein Martinsdarsteller zur Verfügung stehen.
Martinssingen Im Anschluss an den Martinszug oder auch an einem leicht abweichenden Termin wird vielerorts auch das
Martinssingen (auch „Martinilieder“) praktiziert, bei dem die Kinder mit ihren
Laternen bzw.
Lampions von Haus zu Haus ziehen und mit Gesang Süßigkeiten, Gebäck, Obst und andere Gaben erbitten. Es gibt zahlreiche lokale Bezeichnungen für diesen Brauch, im Rheinland etwa „Schnörzen“, „Dotzen“ oder „Gribschen“.
[3] Ein ähnlicher Brauch ist das
Martinisingen in
Ostfriesland und anderen evangelischen Gegenden, das am 10. November stattfindet, aber auf
Martin Luther anstatt auf den heiligen Martin zurückgeht.