Polnischer Präsident Kaczynski stirbt bei Flugzeugabsturz

Auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für die Opfer von Katyn sind der polnische Präsident Lech Kaczynski und ein Großteil der Führungselite seines Landes bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Die Tupolew TU-154 streifte beim Anflug auf diewestrussische Stadt Smolensk mehrere Bäume, stürzte ab und zerbrach in mehrere Teile, wie der Gouverneur der Region, Sergej Antufijew, mitteilte. Warschau ordnete eine einwöchige Staatstrauer an.


An Bord der Maschine saßen nach polnischen Angaben neben Kaczynski auch dessen Ehefrau Maria, der polnische Generalstabschef Franciszek Gagor, Nationalbankchef Slawomir Skrzypek, Vize-Außenminister Andrzej Kremer und der letzte polnische Exil-Präsident, Ryszard Kaczorowski. Auch mehrere Parlamentarier und nahezu die gesamte Führung der polnischen Armee waren unter den Passagieren. Dem russischen Katastrophenschutzministerium zufolge saßen 97 Insassen in der Maschine, darunter 88 Mitglieder der polnischen Delegation.

"Es gibt keine Überlebenden", sagte Gouverneur Antufijew. Das Unglück ereignete sich demnach um 10.50 Uhr Ortszeit. Die russische Nachrichtenagentur ITAR-TASS berichtet unter Berufung auf die Rettungskräfte vor Ort, die Maschine sei mehrere hundert Meter entfernt von der Landebahn des Militärflughafens in der Kleinstadt Petschersk nahe Smolensk abgestürzt. Das russische Fernsehen zeigte Bilder von Feuerwehrleuten, die versuchen, die brennenden Wrackteile zu löschen. Die Motoren und ein großer Teil des Hecks liegen weit im Wald verstreut. Unglücksursache war offenbar ein Pilotenfehler. Wegen dichten Nebels hätten die russischen Behörden dem Piloten geraten, nicht in Smolensk, sondern in der weißrussischen Hauptstadt Minsk oder in Moskau zu landen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den polnischen Fernsehsender Polsat. Der Pilot habe sich jedoch dagegen entschieden. Ähnlich äußerte sich demnach auch ein Vertreter der weißrussischen Luftfahrtbehörde. Dem Bericht zufolge stürzte die Maschine beim vierten Landeversuch ab. Einer der Flugschreiber wurde bereits gefunden.

Die Rettungskräfte bargen den Leichnam Kaczynskis, der mit den sterblichen Überresten der anderen Opfer nach Moskau gebracht werden soll. Polens Ministerpräsident Donald Tusk kündigte an, sich nach einer Krisensitzung der Regierung unverzüglich nach Smolensk zu begeben. Auch Kaczynskis Zwillingsbruder und Ex-Regierungschef Jaroslaw reiste an die Unglücksstelle. Russlands Präsident Dmitri Medwedew beauftragte Ministerpräsident Wladimir Putin, den Vorfall untersuchen zu lassen. Putin sagte, er werde sich für eine rasche Klärung der Absturzursache einsetzen. Die von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission müsse alles tun, um schnellstmöglich die Gründe für den Absturz zu klären, sagte Putin beim Besuch der Unglücksstelle laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen.

In einem Beileidsschreiben an den Chef des polnischen Unterhauses, Bronislaw Komorowski, versprach Medwedew eine "minutiöse Untersuchung" des Unglücks. Komorowski übernahm kommissarisch die Amtsgeschäfte des Präsidenten. Laut Verfassung sind Neuwahlen innerhalb von zwei Monaten nach dem Tod eines Amtsinhabers nötig. Der Urnengang war eigentlich für Herbst geplant. Kaczynski wollte drei Tage nach den offiziellen Gedenkfeiern in Katyn an die Opfer des Massakers an etwa 22.000 Polen im Zweiten Weltkrieg erinnern. Seine Teilnahme sollte keinen offiziellen Charakter haben. In einer als historisch gewerteten Begegnung hatten am Mittwoch bereits Putin und sein polnischer Kollege Donald Tusk der Opfer gedacht. Die sowjetische Geheimpolizei hatte 1940 rund 22.000 Polen hingerichtet, deren Leichen in den Wäldern bei Katyn verscharrt wurden.

"Vor 70 Jahren haben die Sowjets in Katyn die polnische Elite ermordet", sagte der frühere polnische Präsident und ehemalige Solidarnosc-Anführer Lech Walesa der Nachrichtenagentur AFP. "Heute ist erneut die polnische Elite ums Leben gekommen, auf dem Weg dorthin, wo sie der getöteten Polen gedenken wollten." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich "zutiefst bestürzt" über den Tod Kaczynskis.

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Tausende Polen haben in Warschau Abschied vom tödlich verunglückten Präsidentenpaar Lech und Maria Kaczynski genommen. Vor dem Präsidentenpalast, wo die Särge des Staatsoberhaupts und seiner Frau aufgebahrt wurden, lagen Berge von Blumen. Nach einer Trauerfeier für alle 96 Opfer der Flugzeugkatastrophe sollen die beiden am Sonntag in einem Staatsbegräbnis in der Wawel-Kathedrale in Krakau beigesetzt werden.


Die sterblichen Überreste Kaczynskis waren bereits am Sonntag aus Russland nach Polen überführt worden, später wurde auch der Leichnam seiner Frau zurück in die Heimat gebracht. Ihr Sarg wurde von einer Ehrengarde und Familienmitgliedern am Warschauer Flughafen in Empfang genommen. Als erste kniete die 30-jährige Tochter des Präsidentenpaares vor dem Sarg nieder, gefolgt vom Zwillingsbruder des Präsidenten, Jaroslaw Kaczynski.

Der mit der weiß-roten polnischen Flagge bedeckte Sarg Kaczynskas wurde anschließend mit einem Leichenwagen in die Innenstadt gefahren. Entlang der zwölf Kilometer langen Strecke standen zahlreiche Menschen am Straßenrand und warfen Blumen auf den Leichenwagen.

Auch beide Häuser des Parlaments gedachten in einer gemeinsamen Sondersitzung der Opfer des Flugzeugabsturzes. Die Teilnehmer des Atomgipfels in Washington legten eine Schweigeminute zum Gedenken an die Toten ein. Kaczynski und seine Frau waren am Samstag mit ranghohen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Militär und Gesellschaft auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für 22.000 in Katyn 1940 von der sowjetischen Geheimpolizei hingerichtete Polen, als ihre Maschine in Westrussland abstürzte.

Unterdessen verdichten sich Hinweise auf einen Pilotenfehler. Laut dem russischen Vize-Regierungschef Sergej Iwanow schließen die Ermittler ein Feuer oder eine Explosion als Unglücksursache aus. Ein dritter am Unglücksort gefundener Flugschreiber soll auf Wunsch Warschaus in Polen unter Beteiligung russischer Experten ausgewertet werden.


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