Der Chef der Bundespolizei, Matthias Seeger, hält die Gefahr eines Terroranschlags von Islamisten in Deutschland
für konkreter als je zuvor."Sie ist höher als vor der Bundestagswahl im letzten Jahr und bei der Fußball-WM in Deutschland", sagte der Präsident des Bundespolizeipräsidiums der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Anders als bei früheren Terrorwarnungen habe man heute "mehrere Hinweise auf bevorstehende Anschläge, die aus verschiedenen Quellen stammen". Laut Seeger ist die Bundespolizei für den Fall eines terroristischen Angriffs angewiesen, sofort das Feuer auf die Angreifer zu erwidern und sie mit gezielten Schüssen kampfunfähig zu machen. "Im Fall eines Anschlages mit Schusswaffen dürfen wir nicht auf Spezialkräfte warten, sondern wir müssen die Täter sofort stoppen. Deswegen ist es wichtig, dass unsere Polizisten ausreichend bewaffnet und mit Schutzwesten ausgestattet sind", sagte er. Die Erfahrung mit Amokläufen habe die Polizei gelehrt, dass sie nicht zögern dürfe.
Das Terrornetzwerk Al-Kaida und verbündete Gruppierungen planen laut "Spiegel" möglicherweise einen Anschlag auf den Berliner Reichstag. Ein Terrorkommando wolle den Sitz des Deutschen Bundestages stürmen, Geiseln nehmen und mit Schusswaffen ein Blutbad anrichten. Dies meldet das Blatt in seiner neuen Ausgabe. Entsprechende Informationen eines deutschen Dschihadisten seien der Anlass für Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gewesen, am vergangenen Mittwoch vor einem drohenden Terroranschlag von Islamisten zu warnen.
Dem "Spiegel" zufolge hält sich der Informant im Ausland auf. Der Mann habe sich in den vergangenen Tagen mehrmals telefonisch an das Bundeskriminalamt (BKA) gewandt. Der Dschihadist (Gotteskrieger) wolle aus der Terrorszene aussteigen und zu seiner Familie nach Deutschland zurückkehren, heißt es in dem Bericht. Nach seinen Angaben besteht das Terrorkommando aus sechs Personen. Zwei von ihnen seien bereits vor sechs bis acht Wochen nach Berlin gereist und dort untergetaucht. Vier weitere Attentäter - ein Deutscher, ein Türke, ein Nordafrikaner und ein Mann, dessen Identität er nicht kenne - warteten derzeit auf ihre Abreise. Die Anschläge seien für Februar oder März geplant.
Der zweite Warnhinweis, auf den sich de Maizières Warnung vor einem möglicherweise bevorstehenden Terroranschlag stützt, stammt laut "Spiegel" aus den USA. Die US-Bundespolizei FBI hatte das BKA demnach schon vor zwei Wochen in einem Fernschreiben auf einen weiteren mutmaßlichen Anschlagsplan hingewiesen.
So habe eine schiitisch-indische Gruppe, die sich "Saif" ("Schwert") nenne, einen Pakt mit Al-Kaida geschlossen und zwei Männer auf den Weg nach Deutschland geschickt, um hier einen Anschlag zu verüben, warnten die US-Ermittler dem Bericht zufolge. Die beiden sollten am 22. November in den Vereinigten Arabischen Emiraten ankommen, dort mit neuen Papieren ausgestattet werden und dann nach Deutschland reisen. Sie hätten bereits Visa für den Schengen-Raum. Als Drahtzieher benennt das FBI laut "Spiegel" einen gewissen Mushtaq Altaf Bin-Khadri. Als Schleuser der Männer fungiere der 54-jährige Waffenhändler Dawood Ibrahim, der von der UNO als Terrorunterstützer geführt wird. Er gilt als einer der Hintermänner der Terroranschläge, die sich Ende November 2008 in der indischen Metropole Mumbai ereigneten. Das FBI und das BKA messen der Meldung nach Angaben des Berichts große Bedeutung bei. Der US- Auslandsgeheimdienst CIA, der Bundesnachrichtendienst und der deutsche Verfassungsschutz seien dagegen skeptisch.
Laut "Focus" geht de Maizière davon aus, dass mit Anschlägen am ehesten in Berlin, Hamburg, München, im Rhein-Main-Gebiet und im Raum Köln/Bonn zu rechnen ist. Dies habe er seinen Länderkollegen am Donnerstag in Hamburg mitgeteilt. Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) hatte am Donnerstag bereits öffentlich erklärt, man habe "konkrete Hinweise" auf Berlin, München und Hamburg; auch das Ruhrgebiet sei ein mögliches Anschlagziel.
Laut "Focus" observieren Beamte der Eliteeinheit GSG 9 Wohnungen in Hessen und Nordrhein-Westfalen, die Terroristen als Unterschlupf dienen könnten.In Berlin reagierten am Samstag die Touristen rund um das symbolträchtige Gebäude noch kaum auf die angebliche Attentatsplanung. Vor dem Reichstag am Platz der Republik bildete sich wie immer eine lange Besucherschlange. Die Wartezeit für den Besuch der gläsernen Aussichtskuppel lag bei einer Stunde. Lediglich zwei Polizisten bewachten den Haupteingang zum Gebäude. Auch Besucher zeigten sich unbeeindruckt. "Ich fühle mich absolut sicher", sagte etwa ein Tourist aus Schleswig-Holstein.
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