Peking (AP) Mit einem Massen-Spektakel voll verblüffender Effekte hat sich China als weltoffener
Olympia-Gastgeber
eingeführt. Die Eröffnungsfeier vor 91.000 Zuschauern in dem neuen
Stadion mit dem niedlichen Beinamen «Vogelnest» folgte einem Drehbuch,
das 5.000 Jahre chinesischer Geschichte Revue passieren ließ - vom Bau
der Chinesischen Mauer bis zur Raumfahrt.
An dem Spektakel waren etwa 15.000 Darsteller beteiligt, unter
ihnen 2.008 Trommler, die zu Beginn der Feier den Takt vorgaben. Es
folgten Kinder, Fahnenträger, Marionettenspieler, Akrobaten,
Tänzerinnen und Kung-Fu-Kämpfer. Die einzigartige Choreografie folgte
den Vorgaben des Regisseurs Zhang Yimou, dessen frühe Filme noch
Probleme mit der Zensur bekommen hatten. Die jüngste politische
Geschichte Chinas hatte in der Inszenierung keinen Platz - so fehlte
jede Referenz an Mao Tse Tung oder die kommunistische
Geschichtsphilosophie des Klassenkampfs.
Im Anschluss an ein grandioses Feuerwerk - insgesamt wurden
30.000 Raketen in den Abendhimmel über Peking geschickt - folgte mit
dem Einmarsch der 204 Nationalteams der traditionelle Höhepunkt der
Feier. So viele Nationen waren noch nie zuvor bei den Sommerspielen
vertreten. Die Reihenfolge der Nationen folgte nicht wie sonst dem
lateinischen Alphabet, sondern richtete sich nach der Zahl der Striche
für ihre Schreibweise in der über 3.000 Jahre alten chinesischen
Schrift.
An erster Stelle aber liefen unabhängig von dieser Reihenfolge
die Sportler aus Griechenland ein, wo die antike Tradition der
Olympischen Spiele entstand. Den Abschluss bildete das Team des
Gastgeberlandes mit 639 Athleten.
Einen kühlen Empfang erhielten die Japaner, zu denen die
Chinesen nicht nur aus historischen Gründen ein gespanntes Verhältnis
haben. Mit besonders starkem Applaus begrüßt wurden aber die
chinesischen Sportler aus Taiwan, die mit der olympischen Fahne
einliefen. Die deutsche Flagge trug der Basketballstar
Dirk Nowitzki ins Stadion. Dem 2,13 Meter großen Profi der US-Liga NBA folgten 435 Athleten.
Die chinesischen Sportler hoffen, die USA im Medaillenspiegel zu
überrunden, wenn ab Samstag die ersten olympischen Entscheidungen
fallen. Vor allem bei der Frauengymnastik und im Schwimmen werden sich
beide Nationen einen intensiven Wettbewerb liefern. Die amerikanischen
Sportler wurden von ihrem Präsidenten George W. Bush noch einmal
angespornt: «Wir wollen, dass ihr so viele Goldmedaillen gewinnt wie
möglich. Auf geht's, gebt alles, was ihr habt!»
Bush, der russische Ministerpräsident Wladimir Putin und der
französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy waren die prominentesten
der rund 80 Staats- und Regierungschefs im Stadion. Sie kamen trotz der
monatelangen Kritik an der Menschenrechtspolitik Chinas, die mit den
Unruhen in Tibet im März einen neuen Höhepunkt erreichte und den
Olympischen Fackellauf an vielen Stationen zu einem Spießrutenlauf
werden ließ.
Neben Tibet und den Menschenrechten war auch die Unterstützung
Chinas für den Sudan ein Stein des Anstoßes. Den Konflikt in der
sudanesischen Region Darfur personifizierte der US-Flaggenträger
Lopez Lomong,
der als ehemaliger Flüchtling dem «Team Darfur» angehört, einer
Vereinigung von Sportlern, die die chinesische Unterstützung für den
Sudan kritisieren. Am Freitag hielt sich der 1.500-Meter-Läufer aber
zurück und sagte lediglich, die Chinesen hätten in der Vorbereitung der
Spiele Großartiges geleistet.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) blieb aber fest bei
seiner Entscheidung, die Spiele an Peking zu vergeben. IOC-Präsident
Jacques Rogge sprach von einer «Chance für den Rest der Welt zu
entdecken, was China wirklich ist».
Quelle: Yahoo!